Mein Name ist Matthias Eggers. Ich bin 1970 geboren und seit 1999 röm.-kath. Priester. Im Blogbeitrag „Von der Himmelsthür zum Höllentor“ habe ich etwas mehr zu meiner Situation geschrieben. Seit 2018 habe ich durch meine Gemeindearbeit als Seelsorger und durch das Aufdecken (2020) eines Missbrauchstäters in der eigenen Pfarrei St. Petrus Wolfenbüttel Kontakt zu mehreren Betroffenen bzw. Überlebenden sexualisierter Gewalt.
Durch viele Gespräche, eigene Recherchen, das kontinuierliche Verfolgen der Veröffentlichungen in Presse und Medien und durch das aktive Studieren verschiedener Missbrauchsstudien habe ich tiefere Einblicke in die Verbrechengeschichte der röm. katholischen Kirche im Bistum Hildesheim und darüber hinaus erlangt. Das mir mittlerweile bekannte Ausmaß sexualisierter Gewalt geht weit über das hinaus, was die deutschen Bischöfe bisher durch die MHG-Studie und die in Auftrag gegebenen Studien veröffentlicht haben. Die deutschen Bischöfe haben mit ihren Leitlinien von 2002 vorgegeben transparent zu handeln. Auch heute versprechen sie immer wieder proaktiv aufklären zu wollen. Da dies aber bis heute nur in dem Rahmen geschieht, wie es sich nicht verhindern lässt, sehe ich mich von meinem Gewissen dazu gedrängt, mein Wissen nicht für mich zu behalten und das Schweigen zu brechen. Manches mag für einige nicht neu erscheinen, da ich auch aus den Studien zitiere. In der Gesamtschau zeigt sich aus meiner Perspektive, die ich hier offenlege, wie monströs das Ausmaß der Verbrechen ist. Bisher gibt es kaum Berichte aus der Innenansicht eines Priester oder Pfarrers, der sich der proaktiven Aufklärung verpflichtet fühlt.
Ein wesentlicher Dank geht an dieser Stelle an die Journalist:innen1Hier sei insbesondere Christiane Florin (DLF) benannt. Ihre gründliche und kontinuierliche Recherche und ihre messerscharfe Analyse haben maßgeblich dazu beigetragen, die Dynamiken der Vertuschung und des klerikalen Machterhaltes zu benennen und zu dekonstruieren. Zudem: Joachim Frank (Dumont Gruppe), Georg Löwisch und Raul Löbbert (die Zeit), Florian Breitmeyer (NDR), Jan Fuhrhop (HAZ), Stephanie Memmert (BS) und viele andere Theolog:innen und Wissenschaftler:innen, die sich dem Thema sexualisierte Gewalt, Machtmissbrauch und Aufarbeitung innerhalb der röm.-kath. Kirche kontinuierlich widmen und entscheidend dazu beigetragen haben, dass ich aus meiner fragwürdigen, naiven “Vertrauensblase” herausgetreten bin.
Weitere Veröffentlichungen zum Thema
1995: Ausschnitt aus einem Interview mit Anke Engelke und mir (über Missbrauch muss man offen reden)
zum Youtube-Video (ext. Link)